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Gottesdienst, Pfarrer Torsten Amling, Organist Christian Datzko, anschliessend Wurstessen im Pfarrhauskeller
Wurstessen in Langenbruck Sonntag, 17. März, nach dem Gottesdienst
In vorreformatorischer Zeit hatte die Kirche eine schier unglaubliche Macht über die Menschen. Nahezu das gesamte Leben war reglementiert und festgelegt. Es gab Fastenvorschriften und Busskataloge. Die Kirche bestimmte, was man wann essen durfte. Von Sündenstrafen – früheren und kommenden- konnte man sich freikaufen. Der Ablasshandel blühte. Dabei meinte es die mittelalterliche Kirche nur gut mit den Menschen und wollte sie vor Höllenstrafen und Schlimmeren retten.
Am 9. März 1522 kam es zu einem Schlüsselerlebnis für die kommende Reformation in der Schweiz. Der Zürcher Buchdrucker Froschauer brach demonstrativ das Fasten. Es war ein Protest gegen religiöse Bevormundung und ein Symbol für freiheitliches Handeln. Als „Das Wurstessen beim Froschauer“ ging es in die Geschichte ein. Zwingli war damals unter den Gästen. Kurz darauf erschien seine kleine Schrift: „Von der Freiheit der Speisen“, das erste richtige reformierte Traktat in der Schweiz. Genaugenommen ging es aber gar nicht um das Essen, sondern um die Freiheit der Menschen. Aus alledem entwickelte sich ein Zeitalter mit bis dahin ungeahnter Freiheit, aufgeklärtem Denken und Chancengleichheit für jedermann. Unsere moderne Welt entstand und in der Folge verlor auch die Kirche ihre Macht.
An die Stelle einer vormundschaftlichen Kirche tritt zunehmend eine vormundschaftliche Gesellschaft mit Vorliebe für selbstauferlegte Verbotspolitik.
Die Erfolgsgeschichte der westlichen Welt, die, trotz dunkler Kapitel, Freiheit und Wohlstand hervorgebracht hat wie nie zuvor, wird nur noch kritisch betrachtet und umgedeutet. Vielleicht ist es an der Zeit, in der Fastenzeit wieder Würste zu essen, so lange es noch erlaubt ist.
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